Montag, 3.2.2020 – Mittwoch, 12.2.2020 – 2.717 km
GESAMT: 184 Tage – 22.438 km
Da im Süden nur ein einziger Grenzübergang nach Saudi Arabien für Individualtouristen offen ist und dieser westlich von Abu Dhabi liegt, verbringen wir noch einmal zwei Tage in den Emirates. In Abu Dhabi hoffen wir eine „self-service laundry“ zu finden, aber wir sind nicht erfolgreich. Dafür können wir in einem Lebensmittelladen für „non muslims“ Käsekrainer vom Greisinger aus Oberösterreich und echte Laugenbrezerl erstehen. Ein Bier haben wir auch noch, also steht einer nostalgischen Heimatmahlzeit nichts im Wege 😊.
Am 5.2. 2020 vormittags reisen wir schließlich in Saudi Arabien ein. Da alle LKWs, die uns bis zur Grenze begleitet haben, eine eigene Abfertigungsspur haben, sind wir ganz alleine am neuen Grenzübergang und fühlen uns fast ein wenig verloren. Aber alle sind unglaublich freundlich und hoch professionell. In 40 Minuten ist alles erledigt und wir rollen auf die Autobahn Richtung Al Hufuf. In der angeblich „größten Palmenoase der Welt“ möchten wir uns eine Sim Karte besorgen, Geld abheben und einmal ankommen. In einer Shopping Mall, die wegen „prayer time“ völlig verwaist ist, erspäht uns die Security und nimmt sich unser an. Sie freuen sich von ganzem Herzen, dass Fremde da sind. Sie fahren mit uns zur Zentrale für Sim Karten, laden uns auf Cafe, Tee und zum Essen ein. Besser bewacht könnten wir an unserem ersten Tag hier nicht sein 😊. Vom Jebel Qarah, ein völlig erodierter Sandsteinhügel im Zentrum der weitläufigen Oase, blicken wir auf die Palmenhaine – leider ist es sehr dunstig, Rauchfahnen steigen auf und wir können die Ausmaße nur erahnen.
Die Autobahn nach Riyadh ist eine schreckliche Rumpelpiste. Eine fast geschlossene LKW Kolonne begleitet uns, Müllhalden und verlassene Gebäude, aufgegebene Tankstellen, heruntergekommen Siedlungen säumen die Straße. Wir sind ehrlich verwundert – fahren wir doch durch ein vermeintlich reiches Land! Der Fahrstil erinnert uns fatal an den Iran, wir brauche unsere Hupe wieder und müssen die vornehme Zurückhaltung aus dem Oman ablegen. Im dichten Nachmittagsverkehr treffen wir im Schritttempo in Riyadh ein. Es ist sehr diesig, viele Baustellen und Umleitungen kosten uns Zeit und Nerven. Schließlich finden wir beim Nationalmuseum, dem angeblich größten Museum der arabischen Welt, einen guten Stellplatz unter Bäumen. Auch hier viel Müll, kaputte Autos und Häuser, verschlossene Tore, aber fröhliche Menschen, die uns sofort begrüßen und willkommen heißen. Das Museum präsentiert sich modern, groß, sehr „pädagogisch“ und mit dem Anspruch, die Welt aus arabischer Sicht zu erklären. Das ist durchaus interessant, sind doch unsere Informationen über dieses Land bis jetzt eher spärlich. Besonders schön ist der große Garten, der leider nur sehr begrenzt zugänglich ist.
Mit Eva und Friedhelm, zwei Reisende aus Deutschland, versuchen wir das UNESCO Weltkulturerbe Al Diryyah zu erkunden. Dies ist die alte Lehmstadt von Riyadh, die laut Internet aufwändig restauriert wurde und ein kulturhistorisches Schmuckstück sein soll. Was wir finden sind riesige, völlig leere Parkplätze, lange neue Lehmmauern, wunderbar gepflegte Gartenanlagen, aber verschlossen Tore. „It’s closed“ – das ist der einzige Kommentar. Wir wissen nicht warum, erfahren nicht, wann wir eventuell hinein könnten – einfach zu. Auch der Aufzug auf den 300m hohen Kingdom Tower ist „closed for prayer time“. Schließlich erfahren wir von einem offensichtlich informierten Security Mann, dass ab 16:00 der Lift wieder in Betrieb ist. Für satte 63 Saudische Rial (= ca. 16€) pro Nase können wir schließlich auf die Sky Bridge und den Blick von oben auf das abendliche Riyadh genießen. Das berühmte „Globe“ in der Spitze des Al Faisaliah Tower ist im Smog nur zu erahnen. Die Geschäfte der Shopping Mall des selben Gebäudes könnten genauso gut in London oder Paris sein. Vollverschleierte junge Frauen verkaufen Parfüm, Schmuck oder Kosmetikartikel. Wir sind die einzigen Fremden, fallen richtig auf, werden aber freundlich willkommen geheißen. Kurz bleiben wir bei der großen Freitagsmoschee und erschauern ein wenig vor dem Platz davor, wo bis heute öffentliche Hinrichtungen vollzogen werden. Wir dürfen einen Blick in das Gebetshaus werfen, streng beobachtet von einem Sittenwächter.
Beeindruckend ist das Escarpement „Edge of the World“ ca. 70km nordwestlich von Riyadh. Durch einen Wadi und über eine Wellblechpiste gelangt man an die Gebirgskante und blickt in eine weite Ebene. Leider sind alle schönen Plätze unter Bäumen völlig zugemüllt von den Picknickgästen des Wochenendes. Die Ranger freuen sich über ausländischen Besuch und wieder gibt es saudischen Kaffee mit Zimt und Kardamon.
Gemeinsam mit Eva und Friedhelm verlassen wir Riyadh Richtung Westen. Wie ein Molloch wächst die Stadt ins Umland, neue und alte Straßen, Siedlungen, zum Teil bereits verfallen ehe sie fertig sind, viel Verkehr. Offensichtlich kommt der Reichtum aus dem Öl nicht wirklich im Land an. In der Oase Sulaymiyah fahren wir etwas in den Wadi hinein zum Übernachten – eine „sandige Herausforderung“ für den Citroen Jumper von Eva und Friedhelm 😊. Hier entdeckt uns eine Gruppe junger Saudis. Sofort wird ein Teppich ausgebreitet, Kamelmilch ausgeschenkt, Tee und Kaffee gekocht. Sie haben offensichtlich nicht viel zu tun und – wie sie selbst zugeben – sind wir Touristen ein gutes Unterhaltungsprogramm. Das traditionelle saudische Frühstück am nächsten Tag in ihrer „Männerbude“ (großer Flatscreen, Matratzen, Feuerstelle) hat natürlich ihre Mama gemacht. Sie bekommen wir nicht zu Gesicht - Frauen sind nicht präsent und einfach unsichtbar. Eva und mir begegnen die Burschen sehr ungeniert, sie betonen, dass wir ihre Mütter oder Großmütter sein könnten (was stimmt 😊). Leider sind sie so mit sich selbst beschäftigt, dass wir sie kaum etwas über ihr Leben fragen können, obwohl einer ganz gut Englisch spricht. Auch ein Reporter eines lokalen Internetsenders ist hauptsächlich daran interessiert seine Freunde zu präsentieren und zu erfahren, was wir über Saudi Arabien denken.
Wir beschließen, doch nicht - wie ursprünglich angedacht – ganz in den Süden des Landes an die jemenitische Grenze zu fahren, da die Distanzen einfach zu groß sind. So steuern wir Richtung Jeddah und bringen die rund 700km auf der eintönigen Autobahn hinter uns. Doch wollen wir vorher noch ins Gebirge südöstlich von Mekka. Die Landschaft verändert sich und so finden wir einen netten Platz zwischen interessanten Granitfelsen. Ein „maintainance day“ ist angesagt – hier etwas versteckt in den Tafonifelsen ist der richtige Ort fürs Brotbacken, Auto checken, Küche putzen und schreiben.
Ausgeruht machen wir uns auf die interessante Bergstrecke Richtung At Taif, dem Luftkurort in den Hedscha-Bergen für Saudis im Sommer. Leider ist auch hier der Königspalast zu. Der alte Souk beeindruckt auch nicht und so machen wir uns auf die Suche nach dem Souk Okaz, ca 40 km weiter nordöstlich. Doch wir haben die Ankündigungen offenbar falsch verstanden: auf dem historischen Boden des berühmten Souks in vorislamischer Zeit steht heute ein Freizeit- und Eventgelände aus Kunststoff 😊. Tausende Parkplätze aber alles geschlossen ☹.
Bis jetzt macht es uns das Land nicht ganz leicht, die Schönheiten zu entdecken.
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Carlo (Donnerstag, 13 Februar 2020 07:24)
Hallo ihr Lieben,
es ist spannend und fernwehweckend, eure Tour zu begleiten, nochmals danke für die Infos und Fotos!
Ciao, Carlo