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[31] Vom Roten Meer zu Felsengräbern und Hisma Desert


Donnerstag, 13.2.2020  – Sonntag, 23.2.2020 – 1.875 km

GESAMT:  195 Tage – 24.313 km

Eine abenteuerliche Straße überwindet die Steilstufe des Hedscha Gebirges und führt etwas südlich von At Taif bei Al Hada in die Küstenebene hinunter. Ab und zu sind noch der alte Fußpfad und der Karawanenweg zu erkennen – unglaublich was die Menschen früher auf sich genommen haben.

Obwohl man uns immer wieder versichert, dass der Islam das Christentum als Schwesterreligion anerkennt, müssen wir Mekka großräumig umfahren. Riesige Schilder weisen darauf hin, dass „Non – Muslims“ nicht einmal aus der Ferne einen Blick auf die Heilige Stadt werfen dürfen. Also queren wir die trostlose Küstenebene, fahren vorbei an unzähligen Baustellen, bis wir Jiddah erreichen. Die alte Hafenstadt hat mehrere Gesichter. Die Vorstädte sind sehr heruntergekommen, viele desolate Häuser, angefangene Projekte, von denen wir nicht wissen, was sie werden sollten, kleine Läden in garagenähnlichen Bauten. Das „moderne“ Jiddah bietet Shopping Malls mit allen bekannten Designer Labels, prunkvolle Hotelbauten wie das Ritz Carlton, gläserne Fassaden und viel Verkehr. Im historischen Jiddah herrscht eine ganz andere Atmosphäre. In der Altstadt wurden nur wenige Gassen und Plätze renoviert. Hier sind die schön verzierten Holzbalkone an den mehrstöckigen Häusern hergerichtet, es gibt Sitzmöglichkeiten und kleine Geschäfte mit Goldschmuck, Alltagskram und Souvenirs. Betuchte, hauptsächlich arabische Touristen lassen sich in einem Art Golfcaddie herumfahren. Dahinter liegen verwinkelte Gassen, eingerahmt von windschiefen Gebäuden, die Balkone desolat oder fast am Herunterfallen, aber der vergangene Prunk ist noch erkennbar. Im Erdgeschoss befinden sich herausgeputzte kleine Geschäfte, großteils mit Stoffen und aufwändigen Glitzerkleidern, die Jemeniten oder Pakistani führen. Darüber wohnen „poor Expats“, wie uns zwei junge Burschen erklären. Sie versuchen sich als Künstler zu etablieren und haben in einer kleinen Gasse ein Atelier eingerichtet, Teppiche aufgelegt und Blumentöpfe herausgestellt. Die Gegensätze könnten nicht größer sein.

Auch die kilometerlange Corniche ist großteils eine Baustelle. Ab und zu kann man direkt ans Meer, wo für die lokale Bevölkerung Picknickplätze eingerichtet sind. Natürlich darf hier niemals der Kinderspielplatz fehlen.

Wir fahren weiter nach Norden, die Küstenstraße am Roten Meer entlang. Viel Verkehr, viele Baustellen, alle Kilometer eine Moschee. Rund um die Hafenstadt Yanbu al Bahr hat sich ein riesiges Industriegebiet gebildet. Der Hafen soll für den Fall der Schließung der Straße von Hormuz eine Alternative sein und wurde dementsprechend ausgebaut. Eine Nacht verbringen wir unter vielen saudischen Familien an einem Beach. Wir werden zu Kaffee und Tee eingeladen, die Kinder werden vorgestellt, und man fragt uns nach der Reise. Aber auch hier kommt es zu keinem Kontakt mit den Frauen, obwohl sie versteckt hinter den SUVs fleißig für die Familie kochen.

Abwechslungsreicher wird die Landschaft als wir ins Landesinnere Richtung Al Ula abbiegen.

Dort findet das „Tantora Winterfestival“ statt, in dessen Rahmen die Ausgrabungen der Nabatäersiedlung von Mada’in Salih besucht werden können. Hinter dem Küstengebirge liegen viele Wadis mit ausreichendem Bewuchs, Kamelherden ziehen vorbei, Palmengärten werden angelegt und bewirtschaftet.

Al Ula selbst liegt in einer spektakulär verwitterten Granit- und Sandsteinlandschaft. Rotbraune Felsgebilde umrahmen die Oase. Am „Elefant Rock“ wurde im Rahmen des Winterfestivals ein Eventgelände mit Cafés, Beautysaloon und Chill-Out Zone eingerichtet. Wir stellen uns erhöht auf eine Felsenterrasse und genießen die abendliche Szenerie aus der Ferne. Für stolze 65€ pro Person können wir mit einem Bus zu den Felsengräbern von Mada’in Salih fahren. Diese nabatäische Ausgrabungsstätte ist die antike Handelsmetropole Hegra. Zwischen dem 2. Jahrhundert vor und dem 2. Jahrhundert nach Christus dominierten hier die Nabatäer den Handel entlang der Weihrauchstraße, bis sie von den Römern erobert wurden. Hegra war nach Petra die wichtigste Stadt des Reiches. Neben der antiken Siedlung, die noch nicht zugänglich ist, fand man 111 Grabmäler, deren Fassaden in den Sandstein gemeißelt wurden. Auch hier galt: je reicher, desto größer – das höchste Grab misst immerhin 21,5m! In sogenannten „Diwans“ (Räume, die in die Felsen gehauen wurden) wurde gemeinsam gefeiert, über Politik diskutiert und den Göttern gehuldigt. Ein ausgeklügeltes Wassersystem mit Brunnen und Zisternen garantierte die Versorgung der Bewohner. Zahlreiche Inschriften auf Felsplatten erzählen Geschichten aus dieser Zeit. Unser Guide ist sehr um uns bemüht, erklärt viel und zeigt uns Details, die sonst nicht im Programm sind. Wir sind alle sehr beindruckt. Vom nachgebauten Bahnhof der Hedscha Bahn, die im 19. Jahrhundert von den Türken erbaut wurde und die Pilger von Damaskus bis Medina transportierte, bringt uns ein Bus zurück nach Al Ula.

Unser nächstes Ziel ist Tayma, die älteste Oase in Saudi Arabien. Sie liegt am Rande der Wüste Nafoud El-Kebir und ist für seine Wasserräder bekannt. Zuerst aber bringt uns der Bürgermeister des kleinen Dorfes Erdin, in dem Eva und Friedhelm übernachtet hatten, zu einem ungewöhnlichen doppelten Felsbogen, der auf seinem Gemeindegebiet liegt. Nur mühsam können wir seine Einladung zum Essen abwenden, man hätte uns zu Ehren eine Ziege geschlachtet.

Der Well Hadaj, der Brunnen mit den Wasserrädern in Tayma, datiert angeblich ins 6. Jahrhundert vor Christus und ist eine handwerkliche Meisterleistung. Um ein tiefes Wasserbecken wurden zahlreiche Holzräder montiert, Tiere (Kamele? Esel?) zogen Tonkrüge mit Wasser herauf, das in Becken und Rinnen floß und dann in den Gärten des Palmenhains verteilt wurde. Leider ist nur wenig Information zu erhalten und das Museum ist geschlossen. Nichts desto trotz sind wir sehr beeindruckt. Genauso fasziniert sind wir von den kilometerlangen nagelneuen Spielplätzen, Picknickareas samt dazugehörigen Parkplätzen. Liebevoll mit bunten Steinen und Motiven gestaltet – aber völlig leer.

In Tabuk würden wir gerne das Museum besuchen, das einen guten Überblick über die Geschichte geben soll. Leider, wie schon so oft, ist es geschlossen, genauso wie das alte Kastell und der Park der Hedscha Bahn. Na ja. Hier verabschieden wir uns von unseren Freunden Eva und Friedhelm. Sie wollen bald über die Grenze nach Jordanien.

Wir möchten zum Abschluss die Hisma Desert erkunden. Geologisch gesehen ist sie die Verlängerung des Wadi Rum und das interessiert uns. Schon auf den ersten Kilometern sind wir hin und weg von der eindrucksvollen Landschaft. Pittoreske Granitkugeln, glatte Felswände, steile Gebirgszüge mit Wabenverwitterung säumen das breite Wadi. Kamelherden ziehen vorbei und beäugen neugierig unser Auto. Die zahlreichen Jungen staksen noch etwas ungelenkig ihren Müttern nach. Wir erfahren, dass sie zum Teil erst 2 Tage alt sind, aber bereits 2 Stunden nach der Geburt aufstehen und laufen können. Ein sehr freundlicher Einheimischer erklärt sich bereit, uns einige Besonderheiten zu zeigen. Er bringt uns zu abgelegenen Felsritzungen, die aus nabatäischer Zeit stammen sollen. Eine geschützte Felsnische mit übergroßen Figuren bezeichnet er als „Jewish Temple“ und erzählt uns die Geschichte von Moses und den 10 Geboten neu, aus Saudi Arabischer Sicht – eine interessante Variante. Menschen wie er, die eine kleine Lodge vermieten, sind ganz glücklich über die Öffnung seines Landes für internationale Touristen.

Wir suchen uns in dieser atemberaubenden Umgebung einen Platz nach unserem Geschmack: in den Dünen, bewacht von Felsformationen und mit weitem Blick ins Gebirge.Morgens führt uns eine abwechslungsreiche Piste zur Hauptstrasse und zur jordanischen Grenze. Rund 3 Wochen in diesem spannenden Land gehen damit zu Ende - Jordanien wir kommen :-)


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Kommentare: 2
  • #1

    kohl-expedition.com (Sonntag, 23 Februar 2020 18:11)

    ein hallo ihr lieben!
    grossartig,toll...,sagenhaft!
    liebe grüsse aus der west sahara!
    monika u. bert

  • #2

    Stephanie & ihre Rasselbande (Sonntag, 23 Februar 2020 22:35)

    Liebe Lisi & Martin,
    Wie wunderbar ihr immer schreibt. Mit so vielen Details und noch mehr Enthusiasmus- ich freue mich immer sehr auf jeden Eintrag von euch und die Bilder runden eure Erzählungen wunderbar ab...
    Viele schöne Erlebnisse jetzt in Jordanien & bleibt weiterhin gesund und „reiselustig“