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Montag, 31.10.2022 – Mittwoch, 9.11.2022 - km 1.019
GESAMT: 66 Tage - km 6.855
Nur schwer können wir uns vom Strand bei Contao trennen. Am Morgen begrüßen uns Delphine, während des Tages unterhalten uns diverse große und kleine Vögel und abends sitzen 2 große Pelikane am Ufer und fixieren das Wasser. Dazu Sonne und eine Halloween Party der Dorfjugend – eine wahrlich unterhaltsame Gegend.
Aber Puerto Montt wartet, denn wir müssen unsere Vorräte auffüllen. Wir nehmen noch eine kurze Fähre über den Reloncavi Fjord und dann sind es weitere 45km bis zum Ende der Carretera Austral. Vor lauter Baustellen und Halteverboten rund um Puerto Montt vergessen wir ganz, ein würdiges Abschlussfoto zu machen.
Der „Dia Todos los Santos“, 1.11., ist ein Feiertag und fast alle Geschäfte haben geschlossen. Nur der Fischmarkt „Mercado Angelmo“ öffnet gegen Mittag seine Tore, um die vielen einheimischen Touristen zu empfangen. Wir verziehen uns in den Südwesten der Stadt und lassen den Feiertagsrummel auf einem Standplatz mit Blick auf die beiden Vulkane Osorno und Calbuco an uns vorbeiziehen.
Am Ufer des Lago Llanquihue überkommen uns heimatliche Gefühle. Die Landschaft ähnelt unserem Seengebiet. Wir lesen Namen wie „Bei Maria“, „Kuchen und Strudel“ oder „Das Dorf“. Wir sind im „alten“ Siedlergebiet von Deutschen und Schweizern und können gut verstehen, dass sie sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts hier niedergelassen haben. Vielleicht war angesichts der landschaftlichen Vertrautheit das Heimweh nicht so groß? Und wie „dahoam“ ist hier jedes Fleckerl am See touristisch genutzt oder „privado“.
Das wirklich Fremde ist die Bergkulisse, denn die wird von mehr oder weniger aktiven Vulkanen bestimmt. Und dort wollen wir hin. Eine schmale Straße bringt uns östlich des Sees auf 1200m zum Fuß des Vulkans Osorno, 2652m. Seine Kegelform ist so perfekt, dass sie in jedem Lehrbuch als Vorlage dienen könnte. Schnee liegt bis 1200m. Einzelne Schifahrer und Snowboarder ignorieren die Tatsache, dass von den beiden Sesselliften nur der kürzere geht, und wandern tapfer Richtung Gipfel. Einige Schulen haben offensichtlich ihre Landschulwochen in einem der Refugios. Die Jugendlichen vergnügen sich mit Schneeballschlachten – Erinnerungen werden wach…. Später dann ist der Sonnenuntergang über dem Lago Llanquihue und dem weißen Gipfel des Vulkans Calbuco (2002m) am Horizont filmreif.
Wieder herunter von unserem Aussichtsplatz kurven wir entlang der zahlreichen Seen und Flüsse durch welliges Hügelland mit dichten Wäldern, grünen Wiesen mit Kühen, Pferden und Schafen und durch kleinen Ortschaften. Am Lago Ranco hüpfen wir an einem der wenigen öffentlich zugänglichen Badestrände in den See. Vor einigen Tagen hatten wir noch Schiunterwäsche an, jetzt sitzen wir bei fast 30° am Wasser und genießen unseren Sundowner.
Nachmittag und Abend sind voll Action und Martin kann hier Cappuccino mehrmals als „fahrende Werkstatt“ einsetzen. Eine Mutter mit 2 Kindern fährt rückwärts in einen Zaun und muss herausgezogen werden. Eine Gruppe junger, bereits etwas angeheiterter Jugendlicher können ihr Auto nicht mehr starten und brauchen Hilfe. Und schließlich haben ein paar Männer am Strand die gesamte Luft aus ihren Reifen gelassen, weil sie stecken geblieben sind und brauchen dringend unseren Kompressor. „Gut, dass Österreicher am Strand stehen, die das nötige Equipment an Bord haben“ sagt ein Einheimischer zu uns. Vielleicht werden wir deshalb von der Polizei nachts nicht weggeschickt, obwohl das Übernachten auf dem Parkplatz verboten ist? Wer weiß...
Immer wieder sehen wir Hinweisschilder zu Thermen – kein Wunder, wir sind ja im Vulkanland. Ganz besondere Thermen sind die „Termas Geométricas“ an der Ostflanke des Vulkans Villarrica. Der chilenische Architekt Germán del Sol hat hier in einem Canyon 16 Becken angelegt, die mit roten Holzstegen verbunden sind. Man sitzt oder liegt bei 38° - 42° im Wasser unter schwarzen Felsen, die mit dichtester Vegetation bewachsen sind. Es dampft und raucht, die spärlichen Sonnenstrahlen lassen die Riesenfarne und Blätter der Nalcapflanzen unwirklich grün erstrahlen – ein einzigartiges Erlebnis um porentief rein zu werden!
Der Vulkan Villarrica, 2840m, hat es uns angetan. Er ist einer der aktivsten Vulkane hier, 2015 war der letzte größere Ausbruch und fast täglich steigen Rauchwolken aus seinem Schlot. Das wollen wir life sehen und buchen eine Guided Tour zum Gipfel mit der Agentur „Baum Adventure“. Wir erwarten die Guides bei der Liftstation des Villarrica in 1400m, wo wir bei herrlicher Aussicht die Nacht verbringen. Um 6:45 treffen 3 Guides und 6 weitere Burschen ein, die so wie wir zum Krater möchten. Ausgestattet mit Helm, Steigeisen, Pickel, Stöcken, Rutschhosen und Plastikrutschen beginnen wir den Aufstieg. Im Zick-Zack geht es über Schnee und Eis zuerst auf einen kleinen Rücken in 2000m, dann über die immer steiler werdende Flanke hinauf auf 2840m zum Kraterrand. Ehrfürchtig blicken wir in den rot-gelb-braun-schwarz gefärbten und rauchenden Schlund. Gasmasken schützen uns vor penetrantem Schwefelgeruch. Wir sind bei Weitem nicht die einzigen hier, mit uns sind ca. 20 weitere Bergsteiger herauf gekommen. Und dann grummelt der Vulkan ein wenig – ganz so als würden wir neugierige Touristen lästig für ihn sein. 5 Stunden hat der Aufstieg gedauert, in 35 Minuten sind wir unten. Sehr zur Freude der Männer flitzen wir wie in einer Bobbahn am Hosenboden oder auf der Plastikrutsche fast senkrecht die Vulkanflanke wieder hinunter. Nicht nur wir Oldies sind müde nach dieser Aktion, außerdem sind wir zufrieden und stolz .
Auf uns wartet ein besonderes Geschenk. Am Parkplatz beim Sessellift haben uns Isabel aus Pucón mit ihren Freunden Marion und Stan aus Los Angeles und Patty und Pepe aus Santiago de Chile angesprochen. Wir haben uns angeregt unterhalten und schließlich hat uns Isabel zu sich in ihr Haus eingeladen. Dort warten eine Dusche auf uns, ein liebevoll zubereitetes Essen, ein Lagerfeuer und interessante Gespräche. Marion übersetzt professionell (sie ist Übersetzerin) zwischen Spanisch und Englisch, dazwischen trainiert Isabel ihr Deutsch, das sie einmal in der Schule gelernt hat, und wir unser Spanisch. Was für eine Freude, wenn Sprachen einfach zum ureigensten Zweck verwendet werden – um sich gut zu unterhalten! Schließlich wird auch noch unsere Wäsche gewaschen. Ein ganz großes Dankeschön an diese herzliche und offene Runde. Der Aufenthalt in Isabels herrlichem Garten und in ihrem liebevoll eingerichteten Haus hat nach der Vulkanbesteigung unsere Lebensgeister wieder geweckt.
Gestärkt fahren wir weiter Richtung Nationalpark Conguilla, den der Vulkan Llaima mit 3125m überragt. Der Llaima ist seit 1640 bereits 35 Mal ausgebrochen, das letzte Mal 2009. Ein gigantischer, schwarzer Lavastrom füllt das Tal, der Rio Truful Truful wurde in einen engen Canyon gedrängt. Im Park liegen türkis-grüne Lagunen und der See Conguilla umgeben von dichten Araukarienwäldern. Ein Trail führt zum ältesten Baum dieser Art – Auracarie Madre, 1800 Jahre alt, 51 Meter hoch und mit einem Durchmesser von 6,57 Meter. Die Araukarien waren die Hauptnahrung der Dinosaurier.
Leider können wir nicht wie geplant den Park nach Norden durchqueren, weil die Piste nördlich des Sees von einer Lawine zerstört wurde. Also beschließen wir Richtung Icalma zur Grenze nach Argentinien zu fahren und unsere Reise auf der Ruta40 in Argentinien fortzusetzen.
Der Grenzübertritt über den Paso de Icalma, 1303m, dauert nur kurz. Eine relativ neue Asphaltstraße führt hinauf zum chilenischen Grenzposten. Dort werden die Pässe gestempelt und das Auto wieder ausgeführt. Ein paar Kilometer weiter warten die Argentinier. Freundlicher Empfang, Einreise ohne Stempel im Pass – „Ya no necesitas un sello“ sagt uns die Grenzbeamtin. Dann zum Zoll und das „Temporary Import Paper“ wird ausgefüllt. Schließlich begleitet uns noch ein Beamter zum Auto und will in den Kühlschrank und die Küchenkisten schauen, da es verboten ist Fleisch, Früchte oder Gemüse einzuführen. Nach ca. 20 Minuten rollen wir die gute Asphaltstraße Richtung Lago Aluminé und freuen uns auf Argentinien.
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chaostours.ch (Donnerstag, 10 November 2022 02:21)
Grossartig!
Stephanie & Rasselbande (Donnerstag, 10 November 2022 22:37)
Ach ist das schön, dass ihr dort seid wo ich vor 16 Jahren auch so gerne war....
mir war leider der Aufstieg zum Vuklan nicht möglich, Tiefdruck und aus war´s!
Zu viele gefährliche Gase machten meiner Cousine und mir den Blick auf den Schlund unmöglich - aber ich hab es ja eh nicht so mit dem Bergsteigen und eigentlich war ich im Wiggel-waggel ob ich es bis hinauf geschafft hätte ... Das werd also so schnell nicht erfahren und auch kein anderer.
Und ja- es ähnelt dort echt so bissl den heimischen Wäldern, ich verstehe gut, was ihr meint.
Schön, dass ihr auch in Chile, wie auch immer auf euren Reisen, so viel und so schnell Kontakt zu anden habt und so wohl noch tiefere Einblicke in das jeweilige Land bekommt.
Gute Weiterfahrt in Argentinien - ihr düst ja wirklich so zick zack hin und her dort drüben! Auf Polarsteps kann man das auch gut sehen und mitverfolgen
Grüße aus der Heimat mit einem jetzt doch recht schönen Herbst, wenn grad nicht Nebel ist!
Eure STephanie mit Michl, Maxl, Anika und Richard
Elisabeth (Freitag, 11 November 2022 17:31)
Liebe Lisi, lieber Martin, herzlichen Dank dafür, dass wir durch eure lebhaften Schilderungen und traumhaft schönen Fotos euch so nahe sein dürfen, trotzdem ihr weit weg seid. Weiterhin GUTE REISE und wohltuende Erlebnisse!
Elisabeth und Charly
Adriana Kren (Freitag, 11 November 2022 23:51)
Saludos desde Austria a LOS DOS.
Cada rincón, una experiencia, cada foto un recuerdo.
Entusiasmados esperamos la próxima vitácora de viaje.
Lydia (Donnerstag, 17 November 2022 12:49)
¡Què bonito!
Wahnsinn was ihr schon alles erlebt habt. und Wow Respekt vor eurer Wanderung auf den Vulkankrater! Ihr seid so toll! Danke, dass ihr mich teilhaben lässt, da möchte ich am liebsten
gleich mit euch mitreisen :D
Liebe Grüße, Lydia