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Donnerstag, 10.11.2022 – Montag, 21.11.2022 - km 3.218
GESAMT: 78 Tage - km 10.073
Besser könnte man eine „Wetterscheide“ nicht erklären. Waren wir in Chile gerade noch in blühenden Landschaften, fahren wir in Argentinien - abgesehen vom Seengebiet gleich hinter der Grenze - durch karges Buschland. Auch hier ist und war Vulkanismus die gestaltende Kraft.
Wir folgen dem Rio Grande, der im Westen von rot-schwarzen Gebirgszügen und überwachsenen Lavafeldern begleitet wird, dann wieder muss er sich durch eine enge Basaltschlucht zwängen. „La Pasarela“ ist 500m lang und 12 m hoch, am Grund schäumt der „eingezwickte“ Rio Grande.
Die Ruta 40 führt zwischen Chos Malal und Malargüe durch die „Tierra de Volcanes“. Sie verläuft an der Westgrenze der Reserva Provincial El Payen, wo sich auf 450 000 ha an die 800 inaktive Vulkane befinden. Damit ist es das flächenmäßig größte Vulkangebiet Südamerikas. Wie überdimensionale Maulwurfshügel liegen sie in der Landschaft, überragt vom über 3.600m hohen Payún Matru. Unser Versuch zu den Flamingos an die Laguna Llancanelo zu gelangen scheitert – keine Lagune mehr weit und breit, keine Flamingos.
In Malargüe erwischt uns Regen und Starkwind. Am Camping Municipal treffen wir zufällig die beiden Schweizer Edy und Brigitte Odermatt, die schon seit Jahren in der Welt unterwegs sind (www.waypoints.ch). Sie sind wahre Kenner Argentiniens. Ein Dankeschön an den intensiven Austausch! So lassen sich auch Regentage gut überstehen.
Wind, Regen und Nebel begleiten uns weiter nach Norden, daher können wir die imposante Landschaft aus schneebedeckten Vulkanen mit über 4000m, Vorgebirgen und Canyons nur erahnen. Im Valle Uca ändert sich plötzlich alles. Weingärten, Bodegas, Dörfer, dichter Verkehr (das sind wir gar nicht mehr gewohnt) - wir sind im Zentrum des Weinbaus.
Über eine Nebenstraße kurven wir stetig bergauf Richtung Uspallata und Richtung Paso Cristo Redentor auf knapp 4.000m. Viel LKW Verkehr quält sich vom und zum Tunnel auf 3.200m, eine der Hauptverkehrsachsen zwischen Argentinien und Chile. An einer Verkehrskontrolle im Tal sagt uns ein freundlicher Polizist, dass es bis auf 3000m geschneit hat. Nun, das ist für uns nicht das Problem, noch dazu wo endlich wieder die Sonne strahlt. Allerdings stehen wir dann an der Pistenauffahrt zur Christus Statue kurz vor dem Tunnel vor dem Schild „cerrado“. Schade, aber wir haben noch ein weiteres Ziel: wir möchten zumindest aus der Ferne auf den höchsten Berg Südamerikas, den Aconcagua mit 6.982m, blicken. Vom Mirador im Nationalpark zeigt er sich in voller Pracht, mit einem markanten Wolkenhut. Zurück nehmen wir die abenteuerliche Strecke „365 Kurven“ nach Mendoza. Noch bei Sonnenschein passieren wir eine der ältesten Silber-, Blei- und Zinkminen Argentiniens. 1638 bereits ausgebeutet, dann von den Jesuiten weitergeführt – in 3.000m Höhe. Hier errichteten sie im 17. Jahrhundert den höchsten Kreuzweg der Welt, den „Cruz Paramillo“. Den haben die Arbeiter in dieser Höhe sicher irgendwie „gebraucht“. Schließlich tauchen wir in Nebel und kurbeln die 365 Kurven stetig bergab. Ab und zu eröffnen sich Blicke ins grüne Tal.
Fortsetzung Bericht nach den Bildern
Die Ruta 40 verläuft weiterhin durch weite Ebenen, im Westen und Osten begrenzt durch Gebirgszüge. Auf der zuweilen endlos erscheinenden Strecke begegnen wir einigen Motorradgruppen und Radfahrern, die tapfer gegen Gegenwind, Spurrillen und Abschnitten mit „ripio“ (= Wellblech) ankämpfen.
Wir steuern den Nationalpark „Ischigualasto“ an. Der Name bedeutet „Das Tal in dem sich der Mond niederlässt“, daher wird es auch „Valle de Luna“ bezeichnet. Der Park darf nur in einer Autokarawane befahren werden. An den einzelnen Stopps werden die markanten geologischen und geomorphologischen Details erklärt – in Spanisch. Aber wir können uns mittlerweile Einiges zusammenreimen und bekommen auf Nachfragen extra langsame Erklärungen. Hier liegen alle geologischen Schichten der Trias offen n und in den Sedimenten wurden viele Fossilien gefunden. Das Highlight des Museums sind 3 kleine Baby - Saurierskelette. Die Farben des Parks lassen sich mit Grautönen, braun, lichtgrün und violett bis rot beschreiben. Die interessanteste Erosionsform sind die „Boccia Kugeln“. Auf einer Ebene liegen perfekt runde Bälle, wie zum Spiel bereit. Sie erinnern uns an die Melonensteine in der Wüste Ägyptens.
Nur wenige Kilometer weiter liegt der Nationalpark „Talampaya“, berühmt für seinen Canyon mit markanten hohen, roten Felswänden. Die Formationen tragen Namen wie „Kathedrale, Mönch, Turm“. Ganz zarte Felsritzungen zeugen von den Ureinwohnern, die den Canyon und das angrenzende Valley de Luna zwischen 1000 vor Christus und der Eroberung durch die Spaniern durchstreiften. In diesen Park darf man leider nur mit einer geführten Bustour. Vor lauter Verboten, wie z.B. nicht vom Bus weggehen, die Stege nicht verlassen, schnell wieder zurück, weil der nächste Bus schon wartet,…. können wir uns kaum auf die eindrucksvolle Landschaft einlassen. Schade!
Die Ruta 40 zieht weiter nach Norden. In Chilecito finden wir eine technische Meisterleistung. Um die Goldminen in 4.600m Höhe effektiv ausbeuten zu können, wurde 1902 eine Seilbahn gebaut. In nur 1 Jahr wurden 9 Stationen über 32km und bis auf 4.600m errichtet. Deutsche Technologie war die Grundlage. Zeitweise waren bis zu 1500 Menschen beschäftigt. Da die Minen weit über der Baumgrenze lagen, mussten alle Materialien, wie Holz, Werkzeuge, Verpflegung, Wasser, etc. hinaufgebracht werden. Im Gegenzug wurde in 650 Wagen mit bis zu 500kg Erze ins Tal befördert. Bis 1929 war die Seilbahn in Betrieb. Heute zeugen ein Museum, die Stützen und die einzelnen Stationen von dieser einzigartigen Geschichte der Stadt.
Einige Kilometer weiter, auf einer Parallelstraße zur Ruta 40, folgen wir dem Tal mit Weinbau und Obstpflanzungen, das im Westen von der 6.000 m hohen Sierra Famatina und im Osten von der bis zu 4.000m hohen Sierra Velasco begrenzt wird. Wir möchten zu den „höchsten Dünen der Welt“ – wie es im Reiseführer heißt – nördlich von Fiambalá. Zwischen Saujil und Medanitos finden wir dann hellgraue bis weißliche Sandflächen angelehnt an das Gebirge im Osten. Stetiger starker Westwind weht hier aus dem Vulkangebiet mit dem höchsten Vulkan, dem Ojos del Salado mit 6879m, feinen weißen Staub und Sand auf der anderen Talseite und häuft „Dünen“ bis zu 1.000m auf. Eine freistehende „Dune Ballena“ (= Walfischdüne) finden wir dann doch und verbringen die Nacht in ihrer Kulle – mit dem Ergebnis, dass wir am nächsten Morgen einige Schaufeln Sand aus Cappuccino kehren. Mittlerweile stöhnen wir unter der Hitze: bis zu 40° unter Tags, in der Nacht kühlt es auf 28° ab. Haben wir jemals gefroren??
In dieser trockenen Gegend finden sich zahlreiche historische Spuren der indigenen Bevölkerung. Die Ausgrabungen der Ruinas Shincal lassen erahnen, wie groß und gut organisiert das Reich der Inka gewesen sein muss. Hier war das Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum für ihre südlichen Gebiete, die bis Patagonien reichten.
Fortsetzung Bericht nach den Bildern
In eine ganz andere Kultur tauchen wir in Amaicha del Valle ein. Der kleine Ort gilt als lebendiges Zentrum des Pacha Mama Kults. Im schön angelegten Museum kann man diesem tief verwurzelten Bedürfnis nachspüren.
Rund um Cafayate bis nach Cachi wird wieder einer anderen Kultur gehuldigt – dem Weinbau. Zahlreiche imposante Bodegas laden zum Weinverkosten ein. Wir möchten allerdings nach Colomé, dem ältesten Weingut Argentiniens, 1831 gegründet. Um dorthin zu gelangen windet sich die Ruta 40 durch die unglaublich eindrucksvolle Schlucht der Quedraba de las Flechas. Links und rechts vom Tal stehen graue Felsplatten senkrecht aufgeschlichtet und lassen uns die Kräfte, die hier das Land gestaltet haben, unmittelbar spüren. Versteckt liegen grüne Oasen mit Estancas und Weingütern. Colomé ist Vorreiter, Reben auf verschiedenen Höhenlagen von 2.000m bis über 3.000m zu kultivieren und mit den damit verbundenen Wetter- und Bodenbedingungen zu experimentieren. Es birgt auch eine ganz andere Überraschung. Hier hat der jetzige Besitzer, der Schweizer Donald Hess, ein einzigartiges Museum für den Lichtkünstler James Turrell gebaut. In diesem Tal ohne „Licht-Verschmutzung“ kann man in die Farb- und Lichtwelten des Künstlers eintauchen. Eine spannende Herausforderung.
Nördlich von Cachi, einem hübschen Ort mit kolonialem Flair, beginnt eine der landschaftlich schönsten Strecken der Ruta 40. Langsam, aber stetig steigt die Piste zwischen imposanten rot-orangen Felsen an, im Tal grüne Felder, Pferde, Schafe, Ziegen und einfache Lehmhäuser. Wir übernachten auf 3.200m. um uns auf die Passhöhe in fast 5.000m vorzubereiten. Schließlich kurven wir – begleitet von schwarz-grauen Felsen - hinauf auf den Paso Abra del Acay. Mit 4895m ist er der angeblich höchste befahrbare Pass außerhalb Asiens und auch der höchste Punkt, auf dem wir jemals waren. Wir sind ganz begeistert von Cappuccino, der ganz ruhig hinauf krabbelt. Auch wir spüren die Höhe kaum. Auf dem Pass ist richtig was los. Vom Norden her treffen Motorradgruppen ein, eine Gruppe Männer haben ihre Räder auf Pickups herauf gebracht und möchten ins Tal radeln. Alle genießen wir die weite Sicht und lassen uns vom heftigen Wind nicht umblasen. Wir sind sehr froh, dass wir die schmale und zeitweise steile Piste ohne Gegenverkehr genießen konnten, denn ausweichen wäre eine gewisse Herausforderung. Wir wünschen allen eine gute Talfahrt und kurven nach Norden weitere 1.000 Höhenmeter hinunter, Richtung San Antonio de los Cobres. Diese Bergbaustadt liegt auf 3.800m und ist damit die zweit höchstgelegene Stadt in Argentinien. Hier stoppt der berühmte „Tren a las Nubes“, der Wolkenzug, der ursprünglich von Salta bis zum Viadukt Polvorilla, nördlich von San Antonio, geführt hat. Heute verkehrt er nur mehr zwischen San Antonio und dem Viadukt.
Auf erlösendem Asphalt nach vielen Kilometer Pisten mit „ripio“ gleiten wir Richtung Salta, immer den Geleisen des Tren a las Nubes folgend, die über Brücken, Viadukte und Tunnels führen. In Salta steuern wir den Camping Municipal an und werden begrüßt vom prallen argentinischem Leben: das riesige Swimmingpool des Campingplatzes mit rund 300x90m wird an diesem heißen Sonntag von ca. 4000 Besuchern bevölkert. Es wird gegrillt, Musik gehört, das Becken ist übervoll mit Kindern und Jugendlichen. Wir stellen uns zu den anderen Campern und sind gebannt von diesem Schauspiel. Und es ist kaum zu glauben, um 19:00 ist Schluss. Putztrupps säubern das Gelände perfekt. Wir sind beeindruckt.
Hier in Salta treffen wir uns mit Maria und Stephan, unseren Freunde aus Linz. Gemeinsam möchten wir nach Bolivien und die Lagunen Route fahren. Aber vorher werden die Autos gecheckt, Wäsche gewaschen, geputzt und die Vorräte aufgefüllt.
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Elisabeth (Dienstag, 22 November 2022 23:03)
Liebe Lisi, lieber Martin,
gigantisch sind eure Schilderungen und die Fotos dazu. Herzlichen Dank dafür �. Die Passüberquerung auf der Höhe von 4895 ist unglaublich. Ich erinnere mich, als ihr im Sommer daheim darüber mit uns gesprochen habt, dass das sowohl für euch als auch für Cappuccino spannend werden wird. Geschafft … phänomenal und großartig! Wir freuen uns mit euch und wünschen euch weiterhin eine gute Reise.
In freundschaftlicher Verbundenheit und
mit lieben Grüßen aus Linz
Elisabeth und Charly
Eva und Josef (Freitag, 25 November 2022 16:26)
Ihr Lieben, wie immer sind eure Schilderungen mehr als beeindruckend. Cappuccino macht einen tollen Job. Freuen uns auf mehr....
Eva und Josef
Stephanie & Rasselbande (Sonntag, 27 November 2022 20:28)
Dem Himmel so nahe... und immer ein Cappuccino dabei :)
Wir freuen uns wirklich mit euch mit, dass es immer so bunt weitergeht für euch - Sonne und Wolken, Regen und Schnee, Schwimmbad und Skulpturen, wilde Tiere und guter Wein.
Viele schöne Momente jetzt in Bolivien und hoffentlich können wir bald wieder von euch lesen.
Es war auch schön, ganz kurz mit dir zu telefonieren, Lisi.
Wir warten geduldig auf eure Rückkehr auf den Froschberg.
Eure Stephanie mit der ganzen Rasselbande