„Let’s celebrate life!” (Kapstadt, März 2018)
Zum Abschluss unserer ersten Langzeitreise schenken wir uns 3 Tage Musik beim International Jazz Festival Kapstadt. Es dauert ein wenig, bis wir uns zurechtfinden, denn es gibt unzähligen Indoor und Outdoor Bühnen. Wir lassen uns treiben, unterschiedlichste Musik trägt uns von einem Gig zum nächsten, die Inszenierung im Publikum ist genau so wichtig wie die auf den Bühnen. Schließlich bleiben wir bei einer Jazzband hängen, die Revolutionslieder aus der Apartheit neu interpretiert.
Eine Stimme holt uns zurück in den Saal: „Hi guys, I’ve brought you some wine “. Verwirrt blicke ich auf und frage ungläubig „But why should you do that?“ – „Because life is beautiful and we have to celebrate it!” ist die simple Antwort.
Ab diesem Moment kümmern sich Derrick, ein Anwaltskollege, und seine Freundin Nuraan, die in der Tourismusbranche arbeitet, liebevoll um uns. Wir tanzen ausgelassen, genießen ausgezeichnetes Malayisches Essen und diskutieren heftig über Rechtssysteme, unterschiedliche Zugänge zu Macht, Schuld und Vergebung, vor allem aber über die große Hoffnung auf eine gerechte Zukunft für alle Menschen in Südafrika. Derricks profundes Wissen über die Südafrikanische Verfassung und seine Sozialisation als erfolgreicher Coloured, beziehungsweise Nuraans Erfahrungen als Muslima mit Malayischen Wurzeln berühren uns tief. Wir sind unglaublich dankbar, dass wir ihnen begegnen durften und das Leben gemeinsam gefeiert haben.
„I’m not black enough, yet she thinks I’m your driver”
(Kapstadt, Ende März 2018)
Derrick, ein Anwaltskollege aus Kapstadt, den wir beim International Jazz Festival kennen gelernt hatten, erklärt sich bereit uns zum Flughafen zu bringen. Vorher möchte er uns noch das Weingut auf „seinem“ Estate zeigen und uns zum Abschied auf eine Weinverkostung einladen. Auf der Fahrt durch eine sehr gepflegte Parkanlage erzählt er uns, dass er einer der wenigen Coloured ist, der es geschafft hat hier zu wohnen.
Wir passieren Tennisplätze, einen Reitstall und ein Golfresort. Im gediegenen Ambiente des Weingutes wählt Derrick mit viel Bedacht einige sehr spezielle Weine zur Verkostung aus. Die junge Kellnerin erscheint mit Appetithappen und 2 Gläsern, die sie Martin und mir reicht. Kein Glas für Derrick. Wir sind verwirrt, und ehe wir reagieren können, sagt Derrick mit traurig – sarkastischem Lächeln: „You see, she thinks I am your driver“. Die Kellnerin murmelt beschämt eine Entschuldigung, aber irgendwie ist es einfach wieder einmal passiert: Alltagsrassismus in Reinkultur. Wir sind sprachlos und sehr betroffen. Wie soll sich so jemals eine Rainbow Nation, von der Nelson Mandela geträumt hat, entwickeln?