„Come to our party!” (September 2017)
Je näher wir dem Zentrum von Mongu, der Provinzhauptstadt von West-Zambia mit ca. 200 000 Einwohnern, kommen, um so dichter wird das Gedränge. Wir können nur Schritttempo fahren, Hupen, Rufe, Trommeln und Lachen begleiten uns. Mitten in der Menge sehen wir plötzlich Männer mit großen Masken in grob gestrickten Anzügen, die wie unsere Perchten den Kindern nachlaufen und Leute erschrecken. Ein Polizist versucht für uns einen Weg frei zu winken, aber vergeblich. Wir genießen das Treiben. Auf einmal klettert einer der Maskenmänner auf der Beifahrerseite von Cappuccino hoch und greift beim Fenster herein. Etwas erschrocken rufe ich ihm zu „Hey, who are you?“ und plötzlich schiebt er seine Maske auf seinen Hinterkopf, grinst breit und drückt mir ein Flugblatt in die Hand. „We are having a party, just come round!“ - und weg ist er.
In Limulunga erfahren wir von Sister Peggy, einer energischen 80jährigen Klosterschwester, dass der Mbunda Tribe das Cheke Festival feiert. Wir werden am Festivalgelände als Ehrengäste empfangen und können intensiv in diese Feier eintauchen.
Selbsternannte Missionare (Oktober 2017)
Erwartungsvoll folgen wir unserem GPS nach Chavuma, letzte Station vor der Grenze nach Angola, denn da soll es laut aktuellem Update unseres Reiseführers einen neuen Campground geben. Am Ziel angekommen finden wir uns in einem privaten Vorgarten wieder. Meine höfliche Entschuldigung unterbricht John, der Hausherr, schroff mit „Don’t talk like a politically correct American, just tell me what you want!”. Es stellt sich heraus, dass ein Campingplatz zwar geplant, aber noch lange nicht realisiert ist. John und seine Frau wohnen selbst noch in einer Garage, das Haus wird gerade gebaut. Sie sind beide aus Südafrika, John hat bei den Special Forces gedient und war im Angolakrieg eingesetzt. Jetzt versucht er als „Waymaker Missionar“ hier zu überleben.
Trotz unserer „Grenzüberschreitung“ werden wir herzlichst zum Bleiben aufgefordert und zum Essen eingeladen. Am Lagerfeuer diskutieren wir dann heftig über Merkels Flüchtlingspolitik und verschiedene Möglichkeiten mit Krisensituationen umzugehen. Unsere Ansichten liegen zum Teil weit auseinander, aber wir lachen herzlich über die jeweilige Wirklichkeit des anderen.
Wir hören Frauen singen, sehen aber niemanden. Als wir halten, bemerken wir eine Gruppe von Frauen, die singend Mais abrebeln. Martin fragt, ob er ein Foto machen darf – und da erheben sie sich, verlangen kein Geld, aber stellen sich auf um für uns zu singen und zu tanzen. Wir können es kaum fassen. Die Begeisterung ist groß, als Martin ein Foto ausdruckt, und wir werden sofort mit einem weiteren Lied beschenkt. Das macht die Männer des Dorfes eifersüchtig, sie möchten auch ein Foto von sich. Natürlich bekommen sie eines. Schließlich fragen wir den Headman, ob wir im Dorf übernachten dürfen. Unter einem großen Mangobaum weist er uns einen Platz zu. So sind wir mitten drinnen im Alltag: es wird Fußball gespielt, Ochsen werden eingespannt, die Ernte heimgebracht, Wäsche gewaschen, gekocht, gesungen und wir werden bestaunt.
Abends schaut der Headman vorbei, fragt ob wir alles haben und informiert uns, dass seine Frau für uns Wasser warm gemacht hat. Wir sind ganz beschämt – gibt es doch keinen Strom und keine Wasserversorgung für das Dorf.
Lange bleiben uns die Gespräche über Alltag, Geschichte und Politik mit dem Headman in Erinnerung.
So ein Zufall! (Oktober 2017)
Der Lower Zambesi National Park weckt in uns Kindheitserinnerungen: so haben wir uns das Paradies vorgestellt. Kurz bevor das Congwe Gate im Westen schließt, verlassen wir den Park und hoffen auf eine gute Piste zu einem Campground. Aber da haben wir uns gründlich getäuscht: fast 3 Stunden lang quälen wir uns durch Furten und Rillen, umfahren Flüsse und Schlaglöcher. Endlich, kurz vor der Dunkelheit, erreichen wir den Kafue und die Gwabi River Lodge. Und dann können wir unseren Augen kaum glauben, denn nur ein Platz ist vergeben und da steht ein Bremach aus der Schweiz mit seinen Besitzern Claudia und Peter.
Vertrauthein in der Fremde, das ist wirklich eine Freude !
Existenzielle Fragen (Oktober 2017)
In Ngome Harbour haben wir den Tag verbracht und den Fischern zugesehen. Als die Sonne untergeht verabschieden sich langsam alle Besucher, die immer wieder bei uns vorbeigeschaut haben. Nur ein junger Bursche bleibt. Er trägt einen Rucksack als ob er gerade aus der Schule kommen würde. Wir fragen ihn, was los ist und er sagt „Madam, I need your support“. Bei einem langen Spaziergang am See stellt sich heraus, dass er nach seinem sehr guten Schulabschluss nur eines weiß: „I don’t want to be a fisherman, but what else could I become?“. Langsam entwickelt er eine Vision für sich und das ist einen Helikopter zu fliegen. Schritt für Schritt erarbeiten wir ein mögliches Szenario um diesen Traum zu verwirklichen. Als er sich verabschiedet, scheint er etwas Mut geschöpft zu haben.
Ob er jemals einen Helikopter fliegen wird ?
Im Heißluftballon durch Afrika (Oktober 2017)
„Hey, what Campground are you in?” – ein weißhaariger Mann mit britischem Akzent ruft uns das am Parkplatz des Einkaufszentrums von Livingstone zu. Wir tauschen Adressen aus und vereinbaren uns am Jolly Boys zu treffen. Es sind Sue und Chris, zwei Briten, mit ihrem alten LKW. In Olgas‘ Pizzeria bei gutem Wein hören wir ihre Mission: sie möchten einen Weltrekord im Hot Air Balloon Fahren aufstellen und in jedem Land, das sie durchfahren, ihren Ballon starten. Chris fährt, Sue schaut, dass er und der Ballon wieder heil zurückkommen. So sind sie in über einem Jahr die Westküste Afrikas nach Süden gegondelt. Eselkarren, Fußgänger, Autobusse haben Chris und seinen Ballon wieder zu seinem LKW zurückgebracht. Nach einem kurzen Besuch bei Kindern und Enkelkindern in England, sind sie nun am Weg nach Norden. Lange diskutieren wir, ob Chris auch in der Demokratischen Republik Kongo starten kann, denn eine Erlaubnis bekommt er nicht. „We still have to talk about your plans“ meint Sue.
Wir würden gerne wissen, ob es ihm geglückt ist.