Libyen Ostern 1999 - eine Reise in die Sahara


  • Tripolis mit italienischem Flair
  • römische Kultur am Mittelmeer
  • Sahara pur
  • Dünen und bilderbuchartige Seen
  • einmalige Wüstenlandschaft im Akakus

Reisebericht Libyen Ostern 1999 (27.3. – 6.4.1999)

 

Wieder einmal boten sich unsere Eltern an, unsere Buben während der Osterferien zu betreuen, und wir machten uns freudig daran, eine Reise nach Libyen zu organisieren.

Wir verabredeten uns mit zwei befreundeten Paaren aus Linz, Susi & Peter sowie Maria & Wolfgang.

 

Über einen iranischen Kontakt in Graz konnten wir den Chef der Reiseagentur Ghat Tours, Mr. Talip, kennenlernen. Mit ihm vereinbarten wir ein Programm für 6 Personen und dem Schwerpunkt Mandara Seen und Akakus Gebirge. Martin organisierte die Visa und die Flüge. Wir mussten wegen der Sanktionen gegen Libyen (Lockerbie!) über Tunis nach Djerba fliegen und von der Agentur dort abgeholt und zum Rückflug wieder hingebracht werden. Aber, in- shallah, alles klappte.

 

Talip erwartete uns in Djerba mit einem sehr kleinen, unbequemen und klapprigen Minibus. Bei einem Stopp in einem kleinen Restaurant am Weg zur libyschen Grenze begegneten wir Salim, der in einem größeren, gepflegten MercedesBus mit 16 Sitzen unterwegs war. Wir sagten scherzhaft zu Talip, dass wir uns so einen Bus wünschten – und dann erlebten wir etwas, was nur in diesen Ländern möglich ist: Talip engagierte Salim für den nächsten Tag, um uns in Tripolis abzuholen.

Im Hotel in Tripolis musste Talip dann eingestehen, dass unsere Jeeps für die Wüstentour nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen würden und wir einen weiteren Tag in Tripolis verbringen sollten. Er würde dann schon die Autos bekommen. Spätestens da „erarbeitete“ ich mir den Titel „strict Elisabeth“:  ich versuchte ihm sehr klarzumachen, dass wir nur begrenzt Zeit hätten und unbedingt die 1.300km nach Süden in den Akakus wollten. Die lässige Haltung „in – shallah“ wäre da nicht wirklich hilfreich. Etwas gestresst machte sich Talip ans Organisieren.

Salim war pünktlich beim Hotel, hatte jede 2. Sitzreihe ausgebaut, damit wir es zu sechst gemütlich hatten, und brachte uns nach Leptis Magna. Den ganzen Nachmittag widmeten wir diesen unglaublich umfangreichen römischen Ausgrabungen. Wir schlenderten in der warmen Frühlingsluft über die alten Straßen, die Agora, bestaunten die Badeanlagen, Tempel und Amphitheater – hier gäbe es noch viel zu entdecken! Das Museum war leider geschlossen. Wie die Anlage heute, nach dem jahrelangen Bürgerkrieg aussieht, möchten wir uns gar nicht vorstellen!

Salim war am nächsten Morgen unser Chauffeur nach Sebha. Auf der ca. 11-stündigen Fahrt erfuhren wir von ihm viel über Libyen. Salim sprach ausgezeichnet Englisch, da er als Erdölingenieur international tätig war. Uns erstaunte seine offene Kritik an so manchen Aktionen des großen Führers Gaddafi. So sprach er sich vehement gegen den damals in Bau befindlichen „Man Made River“ aus. Er erklärte uns das Bildungswesen, die Krankenversorgung und die Bedeutung der Stämme für das Funktionieren von Gaddafis Politik.

Etwas westlich von Sebha, in Denjip in einer Jugendherberge, sollten unsere Geländefahrzeuge bereit sein. Dort bekamen wir zwar ein Frühstück, aber ein Auto war mit Motorschade in der Wüste liegengeblieben. Nach längerem Warten konnten wir schließlich mit 2 Toyotas weiterfahren. Unsere Crew wechselte immer wieder, aber im Wesentlichen bestand sie aus Talips Sohn Abdullah, einem französischen Koch, einem Mechaniker, einem tunesischen Guide (nur für diese Fahrt) und Talips Neffen, der das Geschäft mit Touristen lernen sollte. Damit waren die Autos ziemlich voll, was aber der Stimmung keinen Abbruch tat. Von lauter arabischer Musik begleitet überquerten wir die hohen Sanddünen am Weg zu den Mandara Seen. Immer wieder musste geschaufelt, geschoben und gezogen werden. Nur Talips Neffe rührte sich wenig, seine hübschen Lackschuhe sollten nicht voll Sand werden. So erwarb er sich den Spitznamen „Adullah-wo-zu-da“.  Unsere Sehnsucht nach „viel Sand“ wurde jedenfalls voll und ganz gestillt und die Seen sind nicht nur ein fantastisches Fotomotiv. Martin wagte sogar ein kurzes Bad im Um-al Mar, der „Mutter aller Seen“. Unser erstes Zeltlager schlugen wir schließlich auf einer Düne auf und genossen den Sternenhimmel. Der tunesische Guide wollte unbedingt Whisky von uns – und das in diesem strengen muslimischen Land…

In Germa führte uns der lokale Englischlehrer durch das Museum und die alte Lehmstadt. Die Garamanten waren uns bis dahin ein völlig unbekanntes Volk, aber wir erfuhren, dass sie mit ihren Reiterwagen die Römer so viel Schrecken einjagten, dass sich diese an die Küste zurückzogen.

Spät abends erreichten wir Ghat, Talips Heimatstadt. Wir warteten fast bis Mitternacht auf das liebevoll bereitete Abendessen. Schließlich zelteten wir außerhalb der Stadt, auf einem Dünenkamm. Wieder hatte eines unserer Autos ein Problem, das während unseres Rundgangs durch die Altstadt von Ghat behoben werden sollte.

 

Ausgestattet mit ausreichend Proviant und Benzin ging es dann los Richtung südlicher Einfahrt ins Akakus. Unser Mechaniker, den wir wegen seiner Größe und seiner rosaroten Djellaba „Flamingo“ nannten, hatte viel zu tun – immer wieder machte einer der Toyotas Probleme. Einige Polizei- und Militärkontrollen hielten uns zusätzlich auf. Es war schon spät als wir die sehr steile Düne des Passes Takjarkouri hinunterrollten. Jetzt wussten wir definitiv, dass wir hier nicht mehr zurück konnten und unbedingt nach Norden hinausfahren mussten.

In den nächsten Tagen genossen wir dieses einmalige Gebiet. Der Kontrast von steilen, pittoresken Felswänden und hohen Sanddünen faszinierte uns unglaublich. Wir kletterten in Nischen und Höhlen zu eindrucksvollen Felsritzungen und Malereien, bestaunten die Verwitterungsformen, die spärliche Vegetation und sahen Nomandenzelte in der Ferne. Es ist genau diese Landschaft, die uns seither nicht mehr los lässt. Wir füllten unsere Wasservorräte bei Tanks auf und gingen auf großen Sicherheitsabstand, wenn unsere Begleiter die Bezinkanister mit einer Zigarette in der Hand einfüllten.

Auf der Fahrt mussten unsere Autos immer wieder irgendwie repariert werden. Als zum Beispiel die Reparatur des ausgeschlagenen Ventil–Stößels mittels Spagat nicht wirklich lange hielt, baute Flamingo kurzerhand den Ventil–Stößel aus und wir tuckerten mit 5 Zylindern weiter. Ab und zu waren wir schon etwas nervös, ob wir wirklich unser Ziel Al Aweyanat erreichen würden. Aber abends, wenn wir ums Lagerfeuer gemeinsam Lieder sangen und den unglaublichen Sternenhimmel bewunderten, war alles vergessen. Das klingt ein wenig kitschig, aber wir können diese Stimmung bis heute abrufen.

Wir erreichten Al Aweyanat, wo wir uns in einem Cafe und mit frischem Brot stärkten, während die Autos wieder fahrtüchtig gemacht wurden. Abdullah, Talpis Sohn, überraschte uns mit einer guten Nachricht: wir könnten von Sheba aus direkt nach Tripolis fliegen und ersparen uns damit die lange, eintönige Autofahrt– Allah sei Dank!

 

Am Weg zum Flughafen hatten wir dann noch einen Reifenplatzer und natürlich funktionierte der Wagenheber nicht. Wir kamen zwar zu spät zum Flughafen, aber nach einigem Palaver konnten wir doch noch ins Flugzeug. Dieses war voll gut gekleideter Geschäftsleute. Die elegante Dame neben Martin nahm sofort ein Riechfläschchen aus ihrer Handtasche – offenbar stanken wir nach unserer Wüstenexpedition- eine Gelegenheit zum Waschen gab es ja nicht mehr. Unsere Crew durfte nicht mitfliegen, das wäre zu teuer gewesen.

In Tripolis sprach uns ein Herr an „You must be Elisabeth – please follow me“. Nach kurzem Herzklopfen stellte sich heraus, dass dies ein Bruder von Talip war, der uns in seinem Auftrag ins Hotel bringen sollte. Dort erwartete uns Salim schon mit „unserem“ Bus. Er begleitete uns am nächsten Tag durch die Altstadt von Tripolis. Bei unserem letzten Abendessen war zu unserer Freude Abdullah, Talpis Sohn, wieder dabei.

Salim brachte uns noch nach Sabrata. Auch hier streiften wir ausgiebig durch die eindrucksvollen Ausgrabungen. Die Reliefs des Theaters und die Mosaike begeisterten uns besonders. Wie es wohl in Sabrata heute aussieht?

In Zuara trafen wir noch einmal Talip und Abdulah zum Abschied. Reich beschenkt mit traditionellen Kopftüchern und Gewändern überquerten wir die Grenze nach Tunesien genau an dem Tag, an dem die Sanktionen gegen Libyen aufgehoben wurden.

Salim brachte uns in Djerba ins Hotel und kehrte sofort um. In der riesigen Hotelanlage fühlten wir uns etwas deplatziert – die tiefen Eindrücke der letzten Tage waren mit dem Ambiente nicht wirklich kompatibel. Der Rückflug am nächsten Tag von Djerba nach Tunis und von dort nach Linz katapultierte uns zurück in „unsere“ westliche Realität.

 

Genau das macht Reisen „off the beaten tracks“ für uns aus: Eindrücke, die auch nach 26 Jahren so lebendig abgerufen werden können, als ob alles gestern gewesen wären. Sie zaubern ein Lächeln auf unsere Gesichter und bereichern unser gemeinsames Leben. 

 

Die Bildergalerie ist noch in Arbeit - die Dias müssen erst digitalisiert werden.

Bitte noch ein wenig Geduld :-)